Grundgedanke
Ein horizontaler Raumkörper wird durchdrungen von vier vertikalen Elementen. Die horizontale Basis beinhaltet sämtliche Gemeinschaftseinrichtungen. Offenheit und Durchlässigkeit nach außen und eine flexible Raumaufteilung im Inneren charakterisieren die einzelnen Funktionsbereiche.
Die vier Türme sind jeweils einem Schlafbereich zugeordnet. Sie sind nach Innen orientiert,, in sich gekehrt. Nach außen werden sie durch eine warme Haut aus Holzschindeln abgegrenzt. Der private Raum – in einer Jugendherberge der einzelne Schlafplatz – wird als kleinste Einheit an den einzeln zugeordneten Fensterklappen von außen ablesbar.
Lage
Das Gebäude schiebt sich als horizontale Stange in das abfallende Gelände hinein und betont die Richtung zum See. Durch die Längsorientierung wird die Einheit Seeufer – Bach – Hangkante nicht zerstückelt.
Der Grundcharakter des Ortes, das „Fließen zum See hin“ bleibt erhalten.
Nördlich des Gebäudes befindet sich die Spiel- und Campingwiese. Sie bildet optisch eine Einheit mit dem Erholungsgelände, d.h. der ehemalige Schloßpark wird so wenig wie möglich weiter zerteilt. Die Sanitärräume für die Camper befinden sich an der schmalen Westseite des Gebäudes.
An der Südseite liegt der gepflasterte Hofraum mit Zugang von den Speisesälen und Tagesräumen. Er wird von dem in einem Aquädukt fließenden Bach nach Süden hin abgegrenzt und durch den Geländeeinschnitt exakt definiert.
Eine „Ausuferung“ in Richtung des Wohnhauses der Herbergseltern und der Nachbarn wird verhindert.
Funktionen
Man betritt das Gebäude von der Nordseite her.
Die Erdgeschoßebene beinhaltet sämtliche gemeinschaftlich genutzte Aufenthalts- und Wirtschaftsräume: Eingangshalle, Tagesräume und – Speisesäle, Küchenbereich.
Das Erdgeschoß der Schlaftürme besteht jeweils zum Teil aus offenen Gemeinschaftsräumen, und einem geschlossenen Kernbereich.
Die Gemeinschaftsräume erhalten direktesTageslicht durch ein Fensterband an der Turm- nordseite und werden indirekt von den angrenzenden Bereichen belichtet. Die Treppenhäuser der Türme erhalten von oben Tageslicht.
Vom Treppenabsatz im Zwischengeschoß, bzw im ersten OG, gelangt man auf die begrünte Dachterrasse über dem Erdgeschoß. Hier wird die Holzschindelverkleidung der Türme haptisch erfahrbar.
Schlafräume, WC/Duschräume und Lehrerzimmer sind für jeweils eine Gruppe in einem Turm untergebracht. Die Schlafräume werden mit kombinierten Stockbett/Schrankelementen ausgestattet. Jeder Schlafplatz hat sein eigenes Fenster mit Schindelklappe.
[martina günther,]
typ jugendherberge
ort possenhofen am starnbergersee, gemeinde pöcking, landkreis starnberg
art wettbewerb, offen
entwurf martina günther
mit nausikaa hacker, bildhauerin, nicolas hein, architekt, münchen
kolloq 101096
abgabe 080197
modell 150197
preisgericht 11/120497
erfolg ankauf
pläne din a0, 2 blätter, grundrisse, schwarzplan 1:5000, lageplan 1:500, grundrisse, schnitte 1:200, fassadenschnitt 1:50
modell 1:500
modellbau marcel hasberg
Begründung des Preisgerichtes:
Die Idee der Schlaftürme stellt einen originellen, zeichenhaften und damit erinnerungsstarken Beitrag zum Thema Jugendherberge dar.
Die Höhenvorgabe der Ausschreibung wird dabei bewußt verlassen.
Die Verschindelung der Schlaftürme trägt zu deren Integration in die Landschaft bei, ebenso wie das begrünte Flachdach.
ln Bezug auf das Schloß ist die Konzeption jedoch maßstäblich und bedeutungsmäßig überzogen.
Positiv ist die große zusammenhängende Freifläche im Norden., auf der der Zeltplatz untergebracht ist. Eine Beeinträchtigung durch Lärm ist für die Nachbarbebauung nicht zu erwarten.
Der Umgang mit Wasser und Topographie ist artifizell in die Architektur eingebunden. Die Erschließung über die Parkplätze und die Rampe kann nicht ganz überzeugen. Das Sockelgeschoß gewährleistet eine gute Beziehung zwischen Landschaft und Aufenthaltsbereichen. Durch die starre Konzeption ergibt sich eine Reihe von Unzulänglichkeiten. z.B. zu dunkle lnnenbereiche, Lärmbeeiträchtigung durch Mehrzweckraum usw.
Die Schlaftürme sind eine innovative und gute Grundlage für die Kommunikation von Klassen mit spannungsvollem Wechsel von Individualität (Koje ~ Lüftungsklappe) und Gruppen. Die Schlafplätze sind durch die enge Stellung der Türme allerdings von unterschiedlicher Qualität. Die begehbare Dachterrasse und die Wintergärten durchbrechen das introvertierte Konzept und
lassen dadurch Lärmbelästigungen befürchten.
Die Haupteingangssituation ist innen gut gelöst und erleichtert die Orientierung. Auch die Anlieferung und Anbindung der Küche ist in Ordnung. Die Erschließung der Tagesräume und des Behindertenbereichs ist teilweise umständlich. Der abgesonderte Wohnbereich der Herbergseltern ist gut gelöst. Baurechtlich bringen die Türme durch die offenen Treppenräume erhebliche Probleme (Brandschutz, Fluchtwege, Ausgang ins Freie). Das Verhältnis HNF/BRI liegt im oberen Berich. Die Konstruktion ist teilweise unklar. Das Raumprogramm ist erfüllt und teilweise überschritten (bis zu 20 %) .